Ranchferien











 
 
 
 
 
 
 
 




Bären und Wölfe ... 

WO BÄREN UND WÖLFE EINANDER NOCH GUTE NACHT SAGEN,....
 

... wo Pferde zum Leben gehören, die Natur den Lebensrhythmus bestimmt und Menschen viel Herzlichkeit und Glück ausstrahlen... 

Wieder einmal stieg ich letzten Sommer ins Flugzeug mit dem Ziel, im Land der weiten Wälder und der unberührten Natur drei Monate zu verbringen. Die Teepee Heart Ranch in British Columbia im Westen von Kanada wurde meine Heimat für die Zeit meines Aufenthaltes. Die Ranch liegt inmitten von riesigen Wäldern in der Nähe der Stadt Williams Lake, eine Flugstunde nördlich von Vancouver. Eineinhalb Stunden fährt man anschliessend mit dem Auto weiter Richtung Westen, vorbei an grünen Wiesen und durch den trockenen, kargen Canyon „der tausend Farben„. Der Fluss „Big Creek„ bahnt sich seit Jahrhunderten den Weg durch das Gestein und hinterlässt tiefe Schluchten. Mit etwas Glück grüssen Mountain sheeps, welche am Wegrand fressen, die Ankömmlinge. Wir entfernen uns immer mehr von der Zivilisation. Häuser werden seltener und sehr schnell sind wir alleine auf der Strasse - es scheint, wir sind die einzigen auf der Welt! Und spätestens jetzt beginnt eine andere Uhr zu ticken und man taucht ein in eine Welt fern von Hektik und dem Stress des Alltags, den man hinter sich lässt. Die Türen in eine weite, erholsame und abenteuerliche Zukunft öffnen sich. 
Die wenigen Farmen und Ranches die am Weg zur Teepee Heart Ranch liegen geben einem aber doch das Gefühl, dass man nicht alleine in dieser schönen und weiten Welt ist. Telefon- und Stromleitungen welche die Verbindung zur Aussenwelt jederzeit gewährleisten, säumen die Strasse. 

Nachdem man nun den Canyon hinter sich gelassen hat und wieder durch fruchtbarere Gebiete fährt, kommt man an einem riesigen Wegweiser vorbei. Das Zentrum der community „Big Creek„ befindet sich hier. Eine Telefonzelle steht neben dem Wegweiser und die community hall sowie die Briefkästen der umliegenden Farmen stehen ganz in der Nähe. Dort wird einmal in der Woche die Post hingebracht und dies ist jeweils auch der Tag an welchem sich die Menschen treffen und an dem man Zeit hat für Gespräche und Erlebnisaustausch. Man erzählt von all den wichtigen und unwichtigen Dingen die in der letzten Woche passiert sind und was alles auf die Bewohner zukommen wird.

Der Weg zur Teepee Heart Ranch dauert nun nur noch eine halbe Stunde. Die „gravel road„ ist gut erhalten und wirkt gepflegt. Ab und zu stehen am Strassenrand Schilder, welche auf Farmen und Ranches hinweisen. Von Zeit zu Zeit erblickt man einzelne Farmhäuser durch die Baumwipfel oder Kühe, welche genussvoll ihren Hunger mit kräftigem Gras stillen. Die Kälber spielen miteinander und es scheint, die Kühe hätten sogar ihren Kindergarten organisiert! 
Vorbei an einem See und Wald und plötzlich erscheint das langersehnte Schild! Die Teepee Heart Ranch öffnet ihre Tore und empfängt mich mit einem Bild, das bei jedem echten Pferdeliebhaber sofort Glücksgefühle auslöst. Da stehen die Pferde auf den riesigen Weiden, Fohlen tummeln sich, Mutterstuten fressen, kräftige, schöne Reitpferde geniessen die Ruhe und ein wunderschöner schwarzer Hengst beobachtet die „Eindringlinge„ mit besonderem Interesse...

Das Haupthaus der Teepee Heart Ranch hält seine Türen bereits weit offen. Herzlich ist der Empfang und ein wohlriechender Kuchen sowie ein Kaffee stehen bereits zur Stärkung auf dem Tisch. Lydia und Wilfried, die Gastgeber, heissen Gäste mit offenen Armen willkommen, man tritt ein in ein Haus wo Glücklichkeit, Zufriedenheit und „cosy living„ Hauptsache sind. 

Dass man nun nicht mehr in der wohlbehütenden, sicheren Stadt wohnt, sondern sich in der Natur aufhält wo auch Abenteuer angesagt sind, wird einem spätestens dann bewusst, wenn man die erste Nacht in einem der gemütlich eingerichteten Cabins rund um das Haupthaus erlebt. Die Ruhe wird wahrgenommen, man hört plötzlich „fremde„ Geräusche. Man kann sie sich nicht erklären, doch irgendetwas hindert den unruhigen Gast, einfach in die schwarze Nacht hinauszutreten und nachzuschauen... ob da wahrhaftig ein Bär herumschleicht oder ob es nur Fox und Timber, die beiden Hunde von Wilfried und Lydia, sind?! Normalerweise vergeht die Nacht aber immer ohne Zwischenfälle. Der hell leuchtende Mond und Tausende von Sternen begleiten die Träume der Kanadagäste...

Mit einer bestimmten Absicht reiste ich in diesen wilden, ursprünglichen Teil Kanadas und freute mich deshalb sehr auf die vor mir liegenden Wochen. Während dieser Zeit arbeitete ich mit den jungen Tenneessee-Walkers welche bereit waren geritten zu werden. Sie müssen sich an die Art der Menschen gewöhnen und lernen, auf deren Bedürfnisse einzugehen und sie vor allem zu verstehen um die Grundlage einer langen Partnerschaft zu bilden. Die Pferde stammen aus der Zucht eines (ehemaligen) Schweizers welcher seit vielen Jahren in Kanada lebt und Tenneessee Walkers züchtet. Ich lernte von diesem „kanadischen Pferdeflüsterer„ viel über den Umgang mit jungen Pferden, half mit wo es nötig war und freute mich dabei immer und immer wieder über die unglaublich schöne, eindrückliche Landschaft, genoss es, täglich draussen zu arbeiten und von Pferden umgeben zu sein.

Ab Juni waren dann immer öfters Gäste aus Europa zu Besuch auf der Ranch. Sie verbrachten entweder einige Tage auf der Ranch oder nahmen an einem der „trail rides„ teil. Diese Ritte von mehreren Tage Dauer werden von der Teeppee Heart Guest Ranch angeboten und sind Ziel von Reisenden welche die kanadische Natur vom Pferderücken aus geniessen und erleben wollen. Die Pferde welche man auf den Ritten reitet sind mit ihrer vierten Gangart, dem Walk, unglaublich angenehm zu reiten um lange Distanzen zurück zu legen. Sie sind trainiert, sind sehr trittsicher und kennen weder Angst vor Geräuschen und Gegenständen noch vor wilden Tieren. 
Wer Glück hat kann einen Bären sehen oder Elche beim äsen beobachten, Wölfe heulen hören oder einen Weisskopfadler durch die Lüfte segeln sehen. Die unberührte Natur gibt es hier noch immer und auch der Abenteurer kommt voll auf seine Kosten. 
Ein besonderes Erlebnis war für mich die Teilnahme an einem „cattle-drive„. Die 200-köpfige Kuhherde mit fast ebenso vielen jungen Kälbern und noch einigen Bullen, welche von der Nachbarsranch stammen, durften wir auf die „Sommerrange„ treiben. Wie im Wildwest-Film fühlte ich mich am ersten Tag. Es ist aber Realität und kein bisschen Show was da unternommen wird. Die Kühe kennen zwar meist den Weg in die Hügel, doch sind Cowboys notwendig um sie immer wieder auf dem richtigen Weg zu halten und zu reagieren wenn plötzlich einzelne ausbrechen wollen. Cowboyhut, Lasso, ein gutes Pferd sowie einen gut trainierten Hund sind die wichtigsten „Accessoires„ welche für die Cowboys unerlässlich sind. 
Da die Kühe in einem angenehmen Tempo vorwärts marschieren, bleibt dem Teilnehmer jedoch genug Zeit um die Weite des Landes zu bestaunen und paradiesische Ecken ausfindig zu machen. Immer wieder kommt man ins Staunen ob so viel Schönheit des Landes. (Wilde) Flüsse werden durchschritten, dichte Wälder durchquert, Hügelzüge überwunden und es wird gelacht mit den „Cowboys„ - egal in welcher Sprache, man versteht sich einzig und allein durch die Tatsache, dass man gemeinsam unterwegs ist in einer eindrücklichen Weite, fernab der Zivilisation.Wildnis pur!

Am Abend steigt man glücklich und zufrieden aus dem Sattel. Die Pferde bekommen ihre verdiente Ruhe, eine Portion Kraftfutter und werden die Nacht gemeinsam auf der Weide verbringen - sie sind frei.
Ähnlich ergeht es den kanadischen sowie den europäischen Cowboys und Cowgirls. Ein vorzügliches Essen lässt müde Geister wieder wach werden oder angeschlagene Hinterteile vergessen. Da muss auf nichts verzichtet, denn wer ein stärkendes Mahl zu sich genommen hat, wird am nächsten Tag wieder mit Freude dabei sein! Gekocht wird von der versierten Köchin über dem Feuer und der angenehme Duft breitet sich über das ganze Lager aus. Ob die Bären wohl widerstehen können!?
Während wir am Lagerfeuer sitzen, hält die Nacht Einzug. Wer weiss, vielleicht hat sogar jemand eine Mundharmonika dabei oder Lust zum Singen? Die Sterne gehen am Himmel auf und die Ruhe der Nacht breitet sich aus. In der Ferne hört man nur das gleichmässige Klingeln des Glöckchens eines Pferdes - die Pferde geniessen ihre wohlverdiente Ruhe ebenfalls. Manchmal kommen sie näher, wollen teilhaben am gemütlichen Zusammensein der Cowboys und Cowgirls und hören zu bei den Geschichten die man sich erzählt.
In solchen Momenten breitet sich bestimmt bei allen Teilnehmern ein Glücksgefühl aus und man fragt sich, wie es sich anstellen lässt, das Ende dieses Momentes niemals kommen zu lassen...

Am nächsten Morgen wecken uns feiner Kaffeegeruch und das Pferdegetrappel oder die Muh-Lauten. Die Pferde kommen und melden, dass ein neuer Tag anbricht und sie eigentlich bereit wären für eine Portion Frühstück! Wir Cowboys und -girls werden das Camp ebenfalls gestärkt verlassen. Dafür sorgt die Köchin welche ein tolles Frühstück mit „bacon and eggs„ oder auch Bannocks, den indianischen Broten, zubereitet. Nach einer erholsamen Nacht sind wir bereit für einen neuen Tag!

Die Teeppee Heart Ranch bietet aber auch mehrtägige (auch mehrwöchige) Ritte an, welche zu einsamen Seen, in wilde Täler und zu hohen Bergen führen. Immer bewegt man sich auf der Spur alter Indianertrails und kann die Schönheiten des Landes vom Rücken der Pferde aus erkennen. Meine drei Monate sind schnell, sehr schnell und viel zu schnell vorbei. Noch heute erinnere ich mich sehr gerne und oft an die Zeit in British Columbia, fernab der gestressten Welt, hineingetaucht in die Natur, gemeinsam mit Pferden unterwegs im „Niemandsland„... dort, wo Bären und Wölfe wirklich einander noch Gute Nacht sagen.
 
 

Kontaktadresse  :    Regina Naegeli
                               Zelgmatt 5
                               8132 Egg b. Zürich 
                               reginanaegeli@gmx.ch